Dr. Karl Blecha

Dr. Karl Blecha

Geboren am 16. April 1933 in Wien als Sohn des Wiener Gemeindebeamten Karl Mathias Blecha, eines gelernten Schmiedes, und der Niederösterreicherin Rosa Blecha, geborene Nimmerrichter.

Berufliche und wissenschaftliche Tätigkeit

Karl Blecha studierte nach Ablegung der Matura (1952 am Bundesgymnasium Wien-Döbling) an der Wiener Universität Psychologie, Ethnologie und Soziologie und arbeitete daneben als Werbeleiter des Verlagskonzerns des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und schließlich als sozialwissenschaftlicher Lektor. Nebenbei war er auch journalistisch, so als Korrespondent der Tageszeitung "Neue Zeit", und als Chefredakteur des "Journals für Sozialforschung" tätig. 1962 studierte er bei René König in Köln und praktizierte am Institut für angewandte Sozialwissenschaft in Bad Godesberg. Von 1963 bis 1975 war er als Direktor des Institutes für Empirische Sozialforschung in Wien tätig. Dieses Institut wurde unter seiner Leitung zu einem der fundiertesten Forschungszentren für angewandte Sozialwissenschaft im deutschsprachigen Raum. Er gehörte österreichischen und internationalen wissenschaftlichen Vereinigungen als Vorstandsmitglied an, war Sekretär der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie und ist noch heute Präsident der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Forschung. Aus seiner Feder stammen zahlreiche sozialwissenschaftliche Studienberichte, grundsatzpolitische Artikel, Broschüren und Beiträge in Sammelbänden. Zu den bedeutenderen Forschungsergebnissen Karl Blechas gehörte der 1969 entwickelte OpinionLeaders-Index zur Erfassung der Meinungen bestimmter Persönlichkeiten, die als Prädiktor der allgemeinen Meinungsentwicklung gedeutet werden können, das 1970 erstellte und später von mehreren europäischen Rundfunkanstalten verwendete Computermodell einer Multivariaten-Analyse zur Interpretation von Wahlergebnissen und war Mitbegründer der noch heute gebrauchten Wählerstrom-Analyse.

Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik 1989 gründete er das MITROPA-Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung GesmbH, dessen Geschäftsführender Gesellschafter er ist. Es ist ein unabhängiges Forschungs- und Serviceinstitut, welches allerdings seit geraumer Zeit stillgelegt ist. Es erstellte Planungsunterlagen und Entscheidungshilfen für die Wirtschaft, für die Wissenschaft, für Verwaltung und Medien. Es war vorwiegend in jenen Ländern Mittel- und Osteuropas tätig, in denen aufgrund der Umwälzungen des Jahres 1989 ein marktwirtschaftliches System entstand. Das Institut erhob und speicherte Daten der Markt-, Meinungs- und Motivforschung dieser Länder, führte selbst repräsentative Umfragen mit Face-to-Face-Interviews und Telefonumfragen durch oder koordinierte derartige Arbeiten. Es betrieb Medienforschung (Printmedienforschung, Hörerforschung, Fernsehzuschauerforschung) und Wahlforschung.

Politische Tätigkeit

Schon als Jugendlicher war Karl Blecha in der Sozialdemokratischen Jugendbewegung tätig, wurde 1952 Verbandsobmann der Sozialistischen Mittelschüler (VSM), 1954 Verbandsobmann der Sozialistischen Studenten Österreichs (VSStÖ) und später Bundesvorsitzender der Jungen Generation in der SPÖ. 1955 bis 1959 war er Stellvertretender Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft an der Universität Wien, 1958 als Organisator eines Hilfskomitees für die Algerische Befreiungsfront (FLN) erstmals im Algerienkrieg und auch später für verschiedene Freiheitsbewegungen aktiv. Seit damals verband ihn mit dem damaligen Außenminister und späteren Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzenden Dr. Bruno Kreisky eine enge Freundschaft. Von 1964 bis 1989 gehörte er dem Vorstand der niederösterreichischen Sozialisten (seit 1985 als Stellvertretender Landesparteivorsitzender) an. Niederösterreich, wo er seit 1970 einen ordentlichen Wohnsitz hat, wurde seine politische Heimat. Er vertrat vom März 1970 bis zum Juni 1983 den Wahlkreis Niederösterreich im Österreichischen Nationalrat und war als Sprecher in Justiz-, Wissenschafts-, Kultur-, Medien- und Landesverteidigungsfragen tätig. Von 1979 bis 1983 war er Stellvertretender Obmann der sozialistischen Parlamentsfraktion.

Blecha war im Parlament Initiator für die Herabsetzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate, setzte die Heiratsbeihilfe durch, wirkte maßgeblich an allen Rechtsreformen seit 1970 mit, war an Wahlrechtsnovellierungen beteiligt, an der Schul- und Hochschulreform und besonders an der Rundfunkreform 1974. Er beschäftigte sich mit Kommunal- und Sicherheitspolitik.

In der Sozialistischen Partei galt er als Motor der Parteireform 1976 ("Offenen Partei") und war 1978 Vorsitzender des Redaktionskomitees für das Parteiprogramm der SPÖ.

Von Dezember 1975 bis Mai 1981 war Karl Blecha Zentralsekretär der SPÖ und gehörte als solcher dem Parteipräsidium an. Im Mai 1981 wurde er zum stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPÖ gewählt, 1982 in dieser Funktion bestätigt und mit der Geschäftsführung betraut, 1983, 1985 und 1987 als Vorsitzender-Stellvertreter vom Parteitag (bis 1990) wiedergewählt. Seit April 2000 wieder Mitglied des Parteipräsidiums.

Die Berufung in die Bundesregierung als Bundesminister für Inneres erfolgte am 24. Mai 1983. Er gehörte den Koalitionsregierungen Sinowatz/Steger, Vranitzky/Steger, Vranitzky/Riegler und Vranitzky/ Mock an und trat im Februar 1989 als Innenminister zurück. Er war von 1977 bis 1989 gewählter Bundesbildungsobmann der SPÖ, Vorsitzender des Kuratoriums der Österreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik und ist seit 1999 Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs und des Österreichischen Seniorenrates, der gesetzlichen Interessenvertretung der älteren Generation.

Er ist Präsident der Europäischen Seniorenorganisation (ESO), der Vertretungen aus 15 Ländern angehören, Präsident der Österreichischen Gesellschaft zur Förderung der Forschung (GFF), der Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen (GÖAB), der Österreichisch-Bulgarischen Gesellschaft (ÖBG) und der Wiener Arbeiter Turn- und Sportvereine (WAT). Dem Vorstand der Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft gehört er seit der Gründung der Gesellschaft an.